Attraktivität der Backsteingotik in der Ostseeregion


Christoph Pienkoss, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V.


Mathias Buß


27.01.2006





Moderator:

Für Besucher und Einheimische in der Ostseeregion soll die Backsteingotik attraktiver werden. Deshalb werden bedeutende Bauten aus der Hansezeit verstärkt ins Rampenlicht gerückt bzw. das Rampenlicht auf sie gerichtet. Bauten lassen sich ja nur schwer verrücken. Besonders Bildungs- und Kulturreisende sollen von dem Angebot angesprochen werden. Mathias Buß sprach mit Christoph Pienkoss vom Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., der das Projekt inhaltlich koordiniert. Als erstes Stand da natürlich die Bestandsaufnahme auf der Agenda. Mathias Buß fragte ihn deshalb zunächst, ob denn Bauten in der Vergangenheit nicht schon katalogisiert worden seien.

Christoph Pienkoss:

Wir werden es jetzt nicht komplett neu entdecken aber zusammenfassend bringen. Natürlich hat das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern eine hervorragende Dokumentation schon seiner Backsteingotischen Denkmäler, obwohl noch längst nicht alle inbegriffen sind. Wir bringen sie aber in einen europäischen Maßstab so weit zusammen, dass man nicht einen 600 Seiten dickes Buch daraus macht, sondern dass es touristischen Wert hat. Wir bringen die Informationen zusammen, die wesentlich sind, dass man auch Kultur und Architektur interessierten Besuchern etwas bieten kann, dass da nicht nur steht, das Gebäude ist von 1234 und ist von dem und dem erbaut worden, fertig.

Moderator:

Jetzt schon einen kleinen Ausblick in die Zukunft? Also was wird sich dann als Folgeprojekt aus EuRuB ergeben?

Christoph Pienkoss:

EuRuB soll im Endeffekt eine fest etablierte Größe sein. Ein fest etabliertes Produkt oder touristische Destination, vom Thema nicht wirklich vergleichbar mit einem Produkt wie der Weinstraße oder der Romantischen Straße. Aber doch ähnlich etabliert und was niemand in Frage stellt, dass es sich lohnt, dafür zu werben und dafür auch ein Minimum an Geld auszugeben. Eine ganz grobe Idee ist, direkt im Anschluss an das Projekt eine recht große Wanderausstellung zur Backsteingotik zu machen, die durch alle Partnerstädte geht. Das Wichtigste ist aber eigentlich die Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern, die schon ganz genau wissen, wie sie so eine Route in ihrem Prospekt darstellen müssen, damit die Leute das interessant finden und kommen. Wir müssen die Informationen zur Verfügung stellen, die wichtig sind, damit die das Ding aufnehmen. Wenn wir im Jahr 2007 sagen können, hier gibt es 15 Reiseveranstalter oder auch nur 8, die das in ihrem Programm drin haben und einmal, zweimal oder dreimal pro Monat eine Tour darauf anbieten, dann haben wir das erreicht, was wir erreichen wollten. Dann haben wir nicht EU-Gelder verscheuert, sondern haben wirklich etwas geschaffen, was danach auch noch hält.

Moderator:

Wie hat sich denn der Einblick Ihrerseits in die Thematik Backsteingotik verändert?

Christoph Pienkoss:

Es hängt schon ein bisschen Herzblut dran. Also es ist mehr als ich mach hier meinen Job und was danach passiert, ist mir egal. Aber das ist sicherlich von jedem persönlich abhängig. Ich hab persönlich den Anspruch, das wirklich hinzukriegen. Als ich damit angefangen habe, wusste ich nicht mal was Backsteingotik war. Ich wusste grad, wann die gotische Zeit war, wusste was ein Backstein war, aber Backsteingotik, was ist das denn? Ich steh mittlerweile auch in so einer Kirche drin und sehe es völlig anders als noch vor drei Jahren, hab so ein bisschen vor Augen, wie so ein Gebäude mal errichtet wurde, was es für Probleme davor gegeben hatte, dass die Türme drei mal hintereinander zusammengefallen sind und am Ende aber doch gehalten haben. Probleme, die man sich heut gar nicht mehr vorstellen kann, als es noch keinen Beton gab. Dann sehe ich einfach, was für eine Leistung dahinter steckt und ein Gebäude, das einfach 800 Jahre lang schon da steht. Das finde ich wirklich toll und wenn man noch ein bisschen historisch interessiert ist, ist das einfach Wahnsinn.

Moderator:

Und vor welchem Gebäude stehen Sie mit der größten Ehrfurcht?

Christoph Pienkoss:

Das ist etwas schwierig zu beantworten, weil ich ständig auf's Neue denke das ist es oder das ist es. Vor anderthalb Wochen war ich für einen Abend in Danzig, um ein paar Sachen mit meiner Kollegin zu besprechen. Ich stand wieder vor der Marienkirche, die eigentlich als die weltgrößte Backsteingotik-Kathedrale der Welt gilt, und das beeindruckt mich schon, und musste daran denken, wie ich vor drei Jahren genau zum gleichen Zeitpunkt da stand. Draußen waren es zwei Wochen lang minus 15 Grad Celsius gewesen und drinnen noch halbwegs warm und nach diesen zwei Wochen bin ich da rein gegangen. Draußen fing grad wieder das Tauwetter an, draußen waren es 15 Grad Celsius und drinnen waren es minus 2 Grad Celsius, weil das Ding wie ein Kühlschrank funktioniert. Es sind Mauern von 3, 4, 5, 6 Meter Dicke und wenn ich dieses Gebäude sehe und denke, dass es mal für 50.000 Personen ausgelegt war, das beeindruckt schon. Es gab damals noch keine Bänke, nur Stehplätze.





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