Leipzig-Grünau


Birgit Seeberger, Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung


Fritz Burschel


02.12.2005





Moderator:

Frau Seeberger, sie kommen grade von einem Workshop aus Venedig. Was haben Sie da gemacht, was war dort geboten?

Frau Birgit Seeberger:

Ja, es gab zwei Schwerpunktthemen, einer war, wie Sie schon beschrieben haben, die andere Seite von Venedig kennen zu lernen. Also, auch mal Marghera anzusehen, ein Stadtteil, der als eines der größten Industrieviertel in Europa sehr geprägt ist. Es ging dort um Bürgerbeteiligung. Sie haben mit dem LHASA-Geld ein Budget zur Verfügung gehabt, das sie für die Errichtung eines Internetzentrums genutzt haben, wo sie der Bevölkerung, also auch älteren Menschen, insbesondere Kindern, Kurse angeboten haben, um da eine Breitenwirkung von Information und Technologie zu gestalten. Das Besondere war, dass wir auch aus Grünau eine Bürgerin mitgenommen haben, die Monika Nöcker, die seit Jahren ehrenamtlich hier in Leipzig einen Bürgerbeirat leitet. Sie kam in Marghera auch zusammen mit den aktiven Bürgern dort, um dort auch so eine Art von Austausch zu gewährleisten.

Moderator:

Sie sind ja eigentlich zuständig für Leipzig-Grünau. Was wird denn dort genau gemacht im Rahmen von LHASA?

Frau Birgit Seeberger:

Das war ja gar nicht mal so einfach, weil sich dieser Stadtteil, so wie Marghera auch, in einem Wandlungsprozess befindet. In diesem Wandlungsprozess liegt ein Schwerpunkt in Leipzig im Rückbau und Abbruch. Wir haben uns dem Thema gewidmet "Was passiert eigentlich, wenn jetzt flächig in größerem Umfang die Siedlung zusammenschrumpft und größere Freiflächen entstehen bei gleichzeitig schrumpfenden Haushalten?". Also, man kann nicht mehr so intensive Parkanlagen und Spielplätze und so weiter, wie in den letzten Jahren bauen, sondern man muss sich dem Thema ganz neu stellen. Im diesem LHASA-Projekt haben wir dieses Thema auch mit europäischen Architekten, Landschaftsplanern mit einem Workshop hier organisiert, um frische Ideen zu bekommen. Das ist zwar jetzt so neu nicht, aber für Grünau ist das auch mal zu denken.

Moderator:

Wenn Sie jetzt so eine Aufwertung des Wohnraumes des Lebensraumes dort haben, solche Umfeldprojekte, was haben Sie da für Erfahrungen gemacht? Werden diese angenommen und weiter gepflegt oder fühlt sich dann hinterher dafür keiner mehr zuständig?

Frau Birgit Seeberger:

Nein, bisher ist es sehr gut gelaufen. Im Wesentlichen funktioniert das, was wir an neuen Freizeitangeboten und Freianlagen in Zusammenarbeit mit den Ämtern der Stadtverwaltung, aber auch mit den freien Trägern seit den 90er Jahren geschaffen haben, gut und das ist auch gesichert. Aber künftig muss es anders laufen. Die Leute sind deutlich zufriedener, das haben Befragungen ergeben, die schon sehr lange durchgeführt werden. Also, nach der Wende ging es erst mal runter mit der Wohnzufriedenheit, auch auf Grund der Qualität der Außenanlagen, das ist aber deutlich wieder angestiegen.

Moderator:

Mit anderen Worten, die Grünauer haben jetzt schon eine stärkere Identifikation mit ihrem Stadtviertel. Hat sich das verändert in den letzten Jahren?

Frau Birgit Seeberger:

Man muss sagen, es hat sich in den letzten Jahren noch mal verbessert. Die Innensicht der Grünauer ist unglaublich stark. Die Menschen, die jetzt hier wohnen, sind sehr zufrieden. Allerdings ist das Fremdbild von Grünau noch verbesserungswürdig. Die übrigen Leipziger, aber auch andere, haben ein sehr großes Problem mit solchen großen Siedlungen. Es ist ganz schwierig, dieses Thema zu kommunizieren, die Öffentlichkeit ist sehr gespalten, man hat ganz viele Vorurteile, die man auch auf Grünau legt. Es war ganz spannend, wie es in Marghera gesehen wird, da gibt es nämlich auch ähnliche bauliche Strukturen wie in Grünau.

Moderator:

Das kennt man ja. Die Außenwahrnehmung ist oft mit Naserümpfen verbunden. Eine letzte Frage, was sind denn die nächsten Vorhaben in Leipzig-Grünau?

Frau Birgit Seeberger:

Heute findet ein Forum in Grünau statt. Wir haben uns um ein neues Förderprogramm beworben, das Programm "Soziale Stadt", was das soziale Miteinander im Stadtteil in den nächsten Jahren stärker unter die Lupe nehmen soll. Es soll auch Grünau weiter stabilisieren. Und es muss auch da schon an Präventionsmaßnahmen gedacht werden, denn es verändert sich ja, und es wird auch sozial verändert werden. Es wird nicht mehr ein so stabiler und gemischter Stadtteil, wie er natürlich zu Wendezeiten war, bleiben. Er ist immer noch sehr gemischt, aber er verändert sich, und das wollen wir stärker in den Blick nehmen. Und heute gibt es in dem Forum Projektvorschläge, die diskutiert werden sollen und zu denen auch ein Meinungsbild eingeholt werden soll.





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