Visionen für den Stadtteil Marzahn-Hellersdorf


Dr. Heinrich Niemann, Bezirksstadtrat für ökolog. Stadtentwicklung
Karl-Heinz Kalke, Geschäftsführer der IPROM GmBH


Fritz Burschel


02.12.2005





Moderator:

Buß im Gespräch mit zwei Projektbeteiligten zunächst fragte er den Bezirksstadtrat für ökologische Stadtentwicklung in Marzahn-Hellersdorf Dr. Heinrich Niemann nach seinen Visionen für den Stadtteil.

Dr. Heinrich Niemann:

Als erstes müssen wir uns darauf einstellen, dass die absolute Zahl der Einwohner weiter zurückgehen wird. Die Bevölkerung wird im Durchschnitt älter werden. Die Altersstruktur wird sich anpassen. Die Zahl wird sich stabilisieren, wenn es uns gelingt, in erster Linie in Berlin mehr Arbeit zu organisieren, so dass junge Leute nicht woanders hin gehen müssen. Die Stadt selber wird weiter existieren, aber das muss man auch einfach sehen, wir werden auch Wohngebäude die wirklich nicht mehr gebraucht werden, dann eben auch zurückbauen, abreißen. Und damit die Stadt, diesen Stadtteil stabilisieren.

Moderator:

Also, Summa summarum kann man sagen Herr Dr. Niemand, Sie sind eigentlich guter Dinge, was die Zukunft von Berlin Marzahn-Hellersdorf angeht?

Dr. Heinrich Niemann:

Es gibt überhaupt keine Alternative. Wenn wir mehr Zeit hätten, könnten wir über vieles erzählen, was überhaupt ein Beitrag dieses Teils von Berlin für die ganze Stadt ist durch das öffentliche Grün, durch andere Dinge, durch Standorte von wichtigen Unternehmen. Ich möchte bei der Gelegenheit doch einen Bogen zu unseren Partnern in den anderen Ländern im LHASA Projekt spannen. Wir haben festgestellt, dass es große Gemeinsamkeiten im Herangehen der Verantwortlichen, wie eine Stadt sein soll und sie entwickelt werden muss, gibt. Und es gibt aber auch Unterschiede. Die Unterschiede bestehen darin, welche Instrumente eingesetzt werden und wie die Zielvorstellungen umzusetzen sind. Da hat die Bundesrepublik sicher viele gute Erfahrungen mitzuteilen. Es war in einigen unseren Partnerstätten in unserem Projekt eben üblich, nach 1990 die Wohnungen einfach den Mietern als Eigentum zu übertragen. Dabei hatte man aber versäumt, rechtliche und finanzielle Instrumente zu schaffen, damit diese Menschen ihre eigenen Gebäude jetzt auch entsprechend instand setzen und instand halten können. Was uns hier in Deutschland besonders bewegt ist, dass die Bevölkerung leider nicht mehr wächst, sondern eher zurückgeht. Das ist in unseren Partnerstätten erst mal nicht der Fall. Dort gibt es nach wie vor einen großen Bedarf, ordentliche Wohnungen zu haben. Diesen Unterschied muss man schon sehen.

Moderator:

Und das gilt meinetwegen auch für Venedig, denn Sie haben ja eine Zusammenarbeit innerhalb des LHASA Projektes auch mit Venedig.

Dr. Heinrich Niemann:

Ja, das gilt auch für Venedig. Wir denken ja dann immer an das traditionelle Venedig auf der Insel. Aber zu Venedig gehört ja viel mehr, gehören auch Inseln wie Marghera oder andere Inseln, wo Industriestandorte kaputt gehen und brach liegen, und auf dem Festland in Venedig gibt es auch große Siedlungen, die eben in der Folge dieser Entwicklung leer gefallen sind.

Karl-Heinz Kalke:

Venedig hat im Prinzip ähnliche Probleme im Rahmen der Arbeitsplatzbeschaffung in bestimmten Regionen wie wir. Deshalb waren wir auch damals ganz erstaunt, weil die Leute aus Venedig auf uns zukamen und sagten, sie wollten in diesem Projekt gern mitmachen, weil die Probleme, in der Großsiedlung, die wir ja haben, ganz ähnlich seien wie bei ihnen. Das weiß kein Mensch, wenn er Venedig besucht, sondern das weiß nur jemand, der in Venedig lebt. Insofern hat das Projekt dazu geführt, dass in Prinzip in Venedig ein sogenannter Wirtschaftsinkubator errichtet wurde, wo Arbeitslose geschult wurden anhand von Medien, anhand wie man das Internet benutzt, heißt wie man den Computer benutzt, um eine Chance zu bekommen, sich auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bewerben.

Moderator:

Das hört sich ja an wie eine Alphabetisierung im medialen, im elektronischen Zeitalter.

Karl-Heinz Kalke:

Ja, wir waren auch verwundert, weil wir gedacht hatten, das wäre eine Selbstverständlichkeit. Das scheint nicht so zu sein.





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